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 «Trilogie» von Jon Fosse (Rowohlt Verlag, 2016)
Buchempfehlung von Oliver Thiele

Der neue Literaturnobelpreisträger Jon Fosse lässt seine «Trilogie» von drei kurze Novellen in der norwegischen Hafenstadt Bergen spielen, die aber ein seltsam archaischer Ort ist, an dem die Hotels «Herbergen» heissen und ein junges Paar mit hochschwangerer Frau nicht aufnehmen. Das Paar kommt dann, etwas salopp formuliert, privat unter bei einer allerdings wenig gastfreundlichen alten Frau, die dann recht schnell auf mysteriöse Weise verschwindet.

In der zweiten kleinen Novelle lebt das besagte Paar samt Tochter auf einem abgelegenen Hof glücklich und zufrieden, bis der junge Mann eines Tages Besorgungen in der Stadt macht und nicht mehr zurückkommt. Denn er wird dort verhaftet, soll er doch die alte Herbergsfrau aus der ersten Novelle umgebracht haben und womöglich auch gerade noch seine Schwiegermutter, die ihre ledige Tochter seinerzeit wegen der unehelichen Schwangerschaft verstossen hatte. Und im gleichen Aufwasch womöglich auch einen Bootsbesitzer, der die beiden einmal unzimperlich aus seinem Bootshaus vertrieben hatte.

In der dritten Geschichte machen wir einen zeitlichen Sprung. Zwei Generationen später erinnert sich die Enkelin der obgenannten jungen Mutter an ihre Grossmutter, die nach der Exekution ihres mörderischen Mannes (die in der zweiten Novelle befürchtet wird, aber nicht stattfindet) nochmals heiratete, aber später ins Wasser ging, denn sie kam nie über ihre erste Liebe hinweg. Und auch diese Enkelin begeht dann – an einem nebligen norwegischen Nieselregen-Novembertag – Selbstmord im Wasser.

Die Lektüre ist also eher düster. Jon Fosse trägt für meinen Geschmack ziemlich dick auf, aber das Ganze ist extrem clever aufgebaut und dann doch wieder subtil erzählt und entwickelt einen ganz eigentümlichen Sog. In seiner Heimat ist Jon Fosse ein gefeierter Autor: Er darf in Oslo auf Lebenszeit kostenlos in einer königlichen Künstlerresidenz wohnen und gilt als einer der bedeutendsten lebenden Autoren nicht nur Skandinaviens, was nun auch das Nobelpreiskomitte honoriert hat.