Vor 100 Jahren bezog die Stadtbibliothek das heutige Gebäude am Münsterplatz.
Das Gebäude
Seit 1829 befand sich die Stadtbibliothek auf dem Herrenacker. Knapp hundert Jahre später litt die Bibliothek dort massiv unter Platzmangel. Im Zusammenhang mit dem Umbau des Klosters zu Allerheiligen zum Museum wurde beschlossen, der Bibliothek dort eine neue Heimat zu geben. Hierfür bot sich das frühere Korn- und Kabishaus des Klosters am Münsterplatz an, das als Zeughaus der Stadt genutzt wurde. Die niederen Geschosshöhen wurden als ideal angesehen, um Bücherregale aufzustellen. Nach Plänen der Architekten Schäfer und Risch Zürich-Chur wurde das Gebäude entkernt und neue Böden, Decken und Pfeiler aus Beton eingezogen. Lediglich die steinerne Wendeltreppe auf der Nordseite und die Oswaldkapelle im Süden wurden erhalten. Der Zugang wurde auf die Ostseite gelegt und mit einem skulpturalen Portal ausgestattet. Nach eineinhalb Jahren Bauzeit und Kosten von Ca. 300.000 CHF wurde die neue Stadtbibliothek am 19. November 1923 eröffnet.
Die Bestände und ihre Benutzung
Mit der Vergrösserung der räumlichen Kapazitäten der Stadtbibliothek am neuen Standtort konnten auch die Bestände weiterwachsen. Zusätzlich zu den bisherigen Büchern der Bürgerbibliothek wurden nun auch die Bestände der Ministerialbibliothek (die Bibliothek der reformierten Pfarrer), die Bibliotheken des Historisch-Antiquarischen Vereins, der Naturforschenden Gesellschaft, des kantonalen Offiziersvereins und des Gewerbevereins sowie ab 1931 die Bücher des Gewerkschaftskartells am neuen Standort versammelt und von der Stadtbibliothek betreut. Als Vorbild für diese Konzentration diente die Zentralbibliothek in Zürich. Dem entsprechend waren auch die Räumlichkeiten für einen verstärkten Publikumsverkehr ausgelegt: Die repräsentative Vorhalle (Vestibül) beherbergte den Zettelkatalog und die Bücherausgabe. Herzstück der neuen Bibliothek war der grosszügige Lesesaal, der mit dunklem Eichentäfer und Stückdecke ausgestattet wurde.
Das Eingangsportal
Der Zugang zur neuen Stadtbibliothek erfolgte vom Mosergarten. Hierfür fertigte des Zürcher Bildhauer Otto Kappeler ein repräsentatives Eingangsportal: Die acht Kassetten der Eingangstüre zeigen die vier Evangelisten sowie Allegorien der Geschichte, der Schifffahrt, der Fischerei und des Weinbaus. Den Ziergiebel schmückt ein geöffnetes Buch, das von zwei springenden Böcken, dem Schaffhauser Wappentier, gerahmt wird. Ein besonderes architektonisches Gestaltungselement in der Vorhalle (Vestibül) ist die die kreisrunde Deckenöffnung. Sie ermöglicht einen Blick auf die Büchergestelle im 1. OG, in denen Bücher mit prachtvollen Ledereinbänden aufgestellt sind.
Bildquelle: Stadtarchiv Schaffhausen, J 02.01.055/11, Renovierte Stadtbibliothek, 1925